Videoinstallation von Simon Robertshaw
Bereits seit einiger Zeit untersuche ich die Entwicklung der Absonderung,
Institutionalisierung und Darstellung von psychisch Kranken.
Ein Großteil meiner anfänglichen Untersuchungen wurde am Londoner
University College durchgeführt, wo ich auch das Werk von Sir Francis
Galton entdeckte. Zusätzlich unternahm ich viele meiner Untersuchungen am
medizingeschichtlichen Wellcome Institute for the History of Medicine, am
Britischen Film Institute und an der Bibliothek über Krankenpflege des
Royal College.
Galton, ein Cousin von Charles Darwin, prägte den Begriff "Eugenik" im
Jahre 1883. Er war Wegbereiter der mathematischen Behandlung der Erblichkeit.
Ein Wort griechischen Ursprungs mit der Bedeutung "von guter Abstammung" oder
"edler Erblichkeit" diente seiner Begriffsfindung. Er beabsichtigte, der
Wissenschaft zu zeigen, wie das menschliche Geschlecht verbessert werden konnte
"indem man den geeigneteren Rassen oder Menschen besseren Blutes eine bessere
Chance geben könne, schnell die Oberhand über die weniger geeigneten
zu gewinnen".
Seit Galtons Zeiten ist, "Eugenik" ein Wort häßlicher
Nebenbedeutungen geworden, und das mit Recht. Eugeniker trugen dazu bei, die
Verabschiedung des Gesetzes über die geistige Unzulänglichkeit,
Mental Deficiency Bill, im Jahre 1913 zu bewerkstelligen. Dieses Gesetz machte
die Obhut und Absonderung von "Schwachsinnigen" zwingend, was der eugenischen
Forderung nach Fruchtbarkeitskontrolle der, "Untauglichen" entsprach. In der
ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verschmolzen die eugenischen Ziele mit
den Fehlinterpretationen der neuen Wissenschaft der Genetik und trugen so zu
den in grausamer Weise unterdrückenden und in der Nazizeit barbarischen
sozialen Resultaten bei.
Nichtsdestoweniger haben Galton`sche Prämissen in den letzten Jahren
weiterhin im sozialen Gespräch eine Rolle gespielt, besonders bei
denjenigen, die eine Rassengrundlage für Intelligenz fordern, in gewissen
Lehren der Soziobiologie und bei einigen Vorschlägen zur humangenetischen
Technik.
Es liegt auf der Hand, daß die Arbeit von Galton und anderen Eugenikern
nicht isoliert geblieben ist; diese "Wissenschaft" war Teil einer viel
breiteren und weitreichenderen Entwicklung im wirtschaftlichen, sozialen und
politischen Gefüge des späten 19. Jahrhunderts. Die photographischen
Techniken von Galton und anderen, wie z.B. Muybridge, waren relativ neu und
führten zu einer neuen Art der Dokumentation und Kontrolle.
Im Jahre 1845 wurde das Gesetz Lunacy Act verabschiedet, welches jedem Bezirk
den Bau von "Irrenanstalten" vorschrieb. Heutzutage hat die Regierungspolitik
in Großrbritannien die Schließung vieler dieser Institutionen
angeordnet, obwohl nur wenige oder überhaupt keine Vorkehrungen für
"Obhut" in der Gemeinschaft getroffen wurden. Wir haben die "Anstalten" von
einer Gesellschaft geerbt, die darauf bedacht war, eine "Behandlung" zu
gewährleisten, oder mit genauem Begriff, eine "moralische Behand
lung". Heutzutage verstehen wir selbstverständlich viel mehr von den
"Bedürfnissen" der Menschen. Trotzdem gibt es immer noch Ignoranz seitens
der Öffentlichkeit gegenüber Leuten, die abgesondert oder in
Gewahrsam waren.
Es folgen die verschiedenen Gebiete, die innerhalb der Installation behandelt
werden:
1. Die Schriften und die Korrespondenz von Eugenikern wie Galton.
2. Photographien, die Menschen dokumentieren, welche sich in der ersten
Hälfte des 19. Jahrhunderts in psychiatrischen Anstalten befanden.
3. Medizinische Originalaufzeichnungen aus Anstalten.
4. Die Geschichte und Entwicklung der Psychiatrie, insbesondere psychiatrischer
Anstalten.
5. Die Anwendung von Medizin und Behandlung von Menschen in der "Psychiatrie".
6. Arten der Dokumentation und Kontrolle, die in dieser Zeit entwickelt wurden.
7. Moderne Beispiele der Kontrolle und Dokumentation.
8. Die Entwicklung der Statistiken als Mittel zur Absonderung und
Dokumentation.
9. Historische medizinische Filme.