(EMAF96)
EUROPEAN MEDIA ART FESTIVAL · 11-15 SEPTEMBER 1996 · OSNABRÜCK

Peter Greenaway II

EMAF 1992


Teil II: Ein Film über Peter Greenaway

Peter Greeneway

BetaSP, 60:00, col., BRD 1992. Regie & Realisation: Thomas Klinger, Herbert Schwering. Produktion: INTERVALL Münster.

Peter Greenaway ist ein Essay über den gleichnamigen englischen Maler und Regisseur, dessen Filme zum Aufregendsten gehören, was in Kinos und im Fernsehen gezeigt wird. Das Neue am Konzept dieses Essays ist, daß es nicht nur zeigen will, was Greenaway als Spielfilm-Regisseur gemacht hat, sondern auch seine Wurzeln, die vor allem in der Malerei - man darf nicht vergessen, daß Peter Greenaway ein ausgebildeter Maler ist - und in den meisten kurzen Filmen liegen, die er machte, bevor er mit dem Kontrakt des Zeichners berühmt wurde.

Man kann das gesamte filmische Werk Peter Greenaways in zwei Phasen einteilen: Die erste war von 1965 bis 1988 und die zweite dauert von diesem Zeitpunkt bis heute an. In seiner ersten Phase arbeitete Greenaway als Redakteur. Er hatte kein Geld, also mußte er Filme ohne Schauspieler, ohne Kulissen, sogar ohne die Hilfe anderer machen. Diese finanziellen Umstände ließen zusammen mit seinen avantgardistischen Überlegungen hinsichtlich des Filmens - die zu nicht-erzählenden Filmen führten - Filme wie Revolution, Intervols, Windows usw. entstehen. Sehr experimentelle Filme, dennoch zumindest

nicht leere Filme. Man kann schon die Grundhaltung "Geist" erkennen, die einen Greenaway-Film eben zu einem Greenaway-Film macht. Hintergrund dieser Basis ist sein unglaubliches Wissen über die europäische Kultur und Politikgeschichte und seine Erfahrung, sein Auge als Maler. Keine Aufnahme in einem Greenaway-Film ist zufällig entstanden und alle sind eingebunden in eine feste und gut durchdachte Struktur. Jeder Film, den Greenaway gedreht hat, beweist, daß das Kino die Überkunst sein kann, die Form der Kunst, in der alle anderen Kunstformen ausgedrückt werden können.

Peter Greenaway will diese Wurzeln zeigen, indem zwei komplette Kurzfilme präsentiert werden: Revolution, von ihm selbst 1968 produziert, ist der älteste Greenaway-Film, der veröffentlicht wurde. Dies ist eigentlich falsch, denn bis jetzt wurde er noch nicht veröffentlicht: Revolution wurde nie im Fernsehen gesendet oder in öffentlichen Kinos gezeigt. Revolution kommt direkt aus der Schatztruhe Peter Greenaways. Man kann sagen, das es ein Prä-Greenaway ist, der die Art und Weise zeigt, in der das visuelle Material zu den Akkorden des Beatles-Songs "Revolution" bearbeitet wird. Musik als Struktur. Der zweite Kurzfilm, A Walk Through Prospero's Library, ist nichts anderes als der neueste Film Peter Greenaways. Er wurde 1992 im Dl-Standard produziert. Er zeigt in vollendeter Weise, wie Peter Greenaway seine Sprache des Filmemachens entwickelt hat. Wieder ist es der Soundtrack, der eine wichtige Rolle zu übernehmen hat. Man kann also sehen, daß es eine kräftige und direkte Linie zwischen seinem allerersten und dem im Augenblick jüngsten Film gibt.

Das gesamte, in Peter Greenaway eingesetzte Material ist brandneu. Das Filmteam von INTERVALL, Produktionsgesellschaft sowohl für das Essay als auch für den Kurzfilm, war das einzige, das Peter Greenaway bei seiner Arbeit in Amsterdam, Rotterdam und Düsseldorf folgen durfte.

In Amsterdam, im Januar dieses Jahres, haben wir gesehen, wie sein Fernsehprojekt Darwin gedreht wurde. Aufregende Bilder von in einem einzigen Moment mehr als 128 Statisten auf der Bühne und sehr schöne Aufnahmen des außergewöhnlichen Szenenaufbaus werden kombiniert mit Material, das zeigt, wie Peter Greenaway bei seinen Filmen Regie führt und außerdem ein Licht darauf wirft, wie Filme gemacht werden.

In Rotterdam, im Februar dieses Jahres, haben wir die Ausstellung The Physical Self gefilmt, die von Peter Greenaway geleitet wurde. Er stellte nicht seine eigene Arbeit aus: es waren Artefakte, die er mit alltäglichen Gebrauchsgegenständen - gefunden in dem sehr großen Museum Boyman-van Beuningen - in einer nie zuvor gesehenen Weise kombinierte. Das Grundthema war, wie der Titel es auch ausdrückt, Körperlichkeit. Mehr als 1500 Personen pro Tag wollten sich diese avantgardistische Arbeit ansehen.

In Düsseldorf, im März dieses Jahres, konnten wir Peter Greenaway bei der Arbeit in einem Videohaus, bei der Bearbeitung des Films A Walk Through Prospero's Library beobachten. Was niemand vorher wußte war, daß die meisten seiner Gemälde in jener Zeit entstanden sind!

Das Herzstück des Essays ist ein Seminar, das Peter Greenaway im Mai l991 in Münster leitete. Er folgte einer Einladung von INTERVALL und erzählte drei Tage lang 30 jungen Filmemachern, Kritikern und Anhängern fast alles über seine Welt des Films. Es gibt keine vergleichbare Masse an Aussagen von ihm über sich. Außerdem machten wir in Rotterdam, Amsterdam und Düsseldorf Interviews mit ihm, so daß der Gesamtumfang der hervorragenden Informationen über Peter Greenaway nicht übertroffen werden kann.

Die Struktur von Peter Greenaway ist wie folgt:

Neben den beiden Kurzfilmen wird es vier Blöcke geben: 1.) das Seminar, in dem er über sein Kino spricht, von den allerersten Anfängen bis jetzt, 2.) die Aufnahmen zu DARWIN, die die tatsächliche Art und Weise zeigen, in der Peter Greenaway seine Filme dreht,

3. ) die Ausstellung The PhysicaL Self, die ein Licht auf die außerfilmischen Aktivitäten Peter Greenaways wirft;. Aktivitäten, die seine Filme bestimmen und die er dem Filmen vorzieht!, 4.) die Postproduktion von A Walk Through Prospero's Library , die zeigt, wie Greenaway mit modernster Fernsehtechnologie umgeht.



© 1996 Aug 12 EMAF / emaf@bionic.zerberus.de


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