Die Handlung und die Quellen
Die indische Originalsage
Das Dilemma der Wäscherin aus Die Geschichten des
Vikramaditya (Vetala Panchavimsati).
Und der Ghul erzählte die folgende Geschichte:
Es geschah eines Tages, daß ein Wäscher mit einem Freund aus einer
Kleinstadt kam und als sie sich dieser bestimmten Stadt näherten,
erblickte sein Auge den Tempel des Devi. Er beschloß sich vor dem Gott
niederzuwerfen.
In jenem Augenblick sah er, daß die Tochter eines Wäschers, die sehr
schön war, auf ihn zukam. Bei ihrem Anblick war er entzückt, und dann
ging er, um Devi anzubeten.
Nachdem er sich niedergeworfen hatte, faltete er in demütiger Bitte seine
Hände und sagte in seinem Herzen, "Oh Devi! Wenn durch deine Gunst meine
Hochzeit mit diesem schönen Mädchen stattfindet, dann werde ich dir
meinen Kopf als Opfer geben."
Nachdem er diesen Schwur geleistet und sich niedergeworfen hatte, nahm er
seinen Freund und ging zurück in seine Stadt. Die Trennung von seiner
Geliebten betrübte ihn so sehr, daß er Schlaf, Hunger und Durst
vergaß.
Er dachte den ganzen Tag an sie. Als sein Freund seinen jammervollen Zustand
sah, ging er und erzählte seinem Vater die genauen Umstände. Auch
sein Vater war bestürzt, und nachdem er über die Angelegenheit
nachgedacht hatte, sagte er: "Wenn ich mir seinen Zustand ansehe, dann scheint
es mir, daß er sich zu Tode grämen wird, wenn die Verlobung mit
diesem Mädchen nicht stattfindet. Deshalb ist es besser, ihn mit ihr zu
verheiraten."
Die Eheleute begannen gemeinsam ein glückliches Leben. Nach einer Weile
gab es eine Festlichkeit im Hause des Vaters des Mädchens, und Braut und
Bräutigam wurden eingeladen. Sie machten sich bereit und gingen mit ihrem
Freund in die Stadt.
Als sie sich der Stadt näherten und den Tempel sahen, fiel dem Ehemann
sein Schwur ein. Er dachte nach und sagte zu sich: "Ich bin ein großer
Lügner und ein sehr gottloser Schuft, denn ich habe Devi belogen!"
Nachdem er dies gedacht hatte, sagte er seinem Freund: "Warte hier, ich besuche
Devi." Und seiner Frau sagte er: "Warte du auch hier." Er ging zumTempel, wusch
sich, stand vor Devi, faltete seine Hände in demütiger Bitte,
grüßte sie ehrfürchtig, zog ein Schwert und schlug sich damit
an den Hals. Sein Kopf wurde vom Körper abgetrennt und fiel auf den Boden.
Da er ihn jetzt lange nicht mehr gesehen hatte, dachte sein Freund, er
müsse gehen und nachsehen, was geschehen war. Er sagte der Frau: "Bleib
hier, ich werde ihn bald gefunden haben und bringe ihn dann hierher
zurück." Er ging in den Devi-Tempel und sah, daß der Kopf seines
Freundes neben dessen Körper lag. Beim Anblick dieses Bildes sagte er
sich: "Die Welt ist grausam. Niemand wird annehmen, daß er mit seiner
eigenen Hand Devi seinen Kopf geopfert hat; im Gegenteil, man wird sagen,
daß er (der Freund) seinen raffinierten Plan ausführte und ihn
tötete, weil die Frau so schön war und er sie besitzen wollte.
Deshalb ist es besser, hier zu sterben, denn es ist unerfreulich, mit einem
sehr schlechten Ruf zu leben." Nachdem er dies gesagt hatte, wusch er sich,
präsentierte sich Devi, faltete seine Hände und huldigte ihr; dann
nahm er sein Schwert, schlug es sich an den Hals, so daß sein Kopf vom
Körper abgetrennt wurde.
Und die Frau, müde des Stehens und Wartens auf ihre Rückkehr,
verzweifelte und ging zum Tempel der Devi, um sie zu suchen. Als sie dort
ankam, sah sie die beiden Toten dort liegen! Bei diesem Anblick dachte sie
sich: "Man wird nicht glauben, daß sich diese beiden freiwillig Devi
geopfert haben. Jeder wird sagen, die Witwe sei ein liederliches Frauenzimmer,
und daß sie beide tötete und sie verließ, um ihrer
Lasterhaftigkeit zu frönen. Es ist besser, zu sterben als eine solche
Schande zu ertragen."
Nach diesen Gedanken ging sie in das Becken, wusch sich und nachdem sie sich zu
Devi begeben hatte, senkte sie ihren Kopf in Ehrfurcht, nahm das Schwert und
wollte sich gerade damit an den Hals schlagen, als Devi vom Altar herabstieg,
zu ihr trat, ihre Hand nahm und sagte: "Tochter! Bitte um eine Gnade, ich bin
mit dir sehr zufrieden."
Darauf sagte sie, "Mutter! Wenn du mit mir zufrieden bist, dann erwecke die
beiden zum Leben!"
Devi antwortete: "Verbinde ihre Köpfe mit ihren Körpern."
In ihrer Aufregung und Freude vertauschte sie die Köpfe, als sie sie
aufsetzte. Devi brachte das Wasser des Lebens und benetzte sie damit. Die
beiden erwachten zum Leben und fingen an, miteinander zu streiten: "Sie ist
meine Frau!", "Sie gehört mir!"
Nachdem er soviel von der Geschichte erzählt hatte, fragte der Ghul: "Nun,
König Vikram, von welchem dieser beiden ist sie die Frau?"
Der König antwortete: "Höre! Die Richtschnur hierfür ist im Buch
des Gesetzes niedergeschrieben: "Der Ganges ist der beste Fluß und der
Sumuru ist der herrlichste Berg, der Kalpavrikah ist der heiligste Baum und der
Kopf ist das oberste aller Glieder des Körpers." Nach diesem Gesetz wird
sie die Frau dessen, der den Kopf des Ehemannes hat."
Als er dies hörte, ging der Ghul fort und hing sich an den Baum; der
König, der ihn gebunden hatte, stellte ihn auf seine Schulter und trug ihn
davon.
Aus Roberto Fertonanis Einführung in "Die vertauschten Köpfe"
von Thomas Mann, 1972
Das Märchen ist Teil von ''Vetalas fünfundzwanzig Märchen"
(Vetala ist ein Dämon, der die Toten verschlingt), in dem König
Vikramaditya vorgestellt wird, der, um einem Asketen mit einem seiner
Zaubersprüche zu helfen, einen Leichnam von einem Baum nimmt und auf seine
Schultern lädt.
Zimmers Reszension schlägt eine psychoanalytische Interpretation vor. Die
Frau, die nicht zufrieden war, wurde von einem verborgenen Wunsch zum Austausch
der Köpfe geleitet.
Mann verdichtet die Handlung; zunächst durch das Einbringen der
zwei Figuren, Samadhi, den Sohn, und Kamadamana, den Asketen, an den sich die
drei wenden, um das komplexe rechtliche Problem zu lösen, das durch den
Austausch der Köpfe entstanden ist. Und zweitens fügt Mann,
während das indische Märchen mit der kurzen Antwort des Königs
endet, etwas vollkommen Neues hinzu: Sita, unzufrieden mit ihrem neuen Gatten,
der sich aus Shridawans Kopf und Nandas Körper zusammensetzt, läuft
mit dem Kind davon, um nach dem anderen zu suchen.
"Sex, Schönheit, Intelligenz, was für ein großes Geheimnis ist
ihre Verbindung!" Der ihr vom Asketen zugewiesene Ehemann findet sie mit dem
anderen Mann, und das Problem ihrer unmöglichen Situation wird durch den
gleichzeitigen Tod der beiden Rivalen und Sitas Opferung gelöst: die
Männer stechen sich gegenseitig ins Herz und die Frau, wie es indische
Frauen vor langer Zeit taten, folgt dem doppelten Schicksal ihres Gatten, indem
sie sich selbst bei der Beerdigung verbrennt.
"Es gibt dabei eine spirituelle Schönheit und eine Schönheit, die die
Sinne anspricht. Einige ordnen Schönheit gern vollständig der Welt
der Sinne zu und trennen sie in der Regel vom spirituellen Element, so
daß die Welt aussieht, als ob sie durch die Antithese von Geist und
Schönheit getrennt ist. Dies ist auch die Grundlage der alten
Veda-Doktrin: man kann in derWelt nur zwei Arten der Glückseligkeit
erfahren - die Freuden des Körpers und die ausgleichende Gelassenheit des
Geistes. Jetzt kann man gegen diese Doktrin der Glückseligkeit
anführen, daß das geistige Element der Schönheit nicht so
entgegengesetzt ist wie Häßlichkeit, und daß sie nur in einem
relativen Ausmaß eine Einheit mit letzterer bildet.
Der Geist ist nicht oder muß nicht gleichbedeutend mit
Häßlichkeit sein; tatsächlich wird er schön durch die
Kenntnis des Schönen und die Liebe dazu. Diese Liebe manifestiert sich als
geistige Schönheit und entfremdet sich dadurch nicht oder ist etwa ohne
Hoffnung, denn nach dem Gesetz, daß sich Gegensätze anziehen, strebt
Schönheit nach Spriritualität, sie bewundert sie und bewegt sich auf
sie zu. Diese Welt ist nicht so, daß der Geist nur Geistiges lieben
muß und die Schönheit nur Schönes, sondern durch die Antithese
kann deutlich gesehen werden, was genauso schön wie spirituell ist, das
universelle Ziel, die Fusion von Schönheit und Geist, das heißt
Vollkommenheit und Glückseligkeit sind nicht mehr getrennt. Unsere
Geschichte ist nur ein Beispiel für die auf dem Weg zu diesem Endziel
erlebten Schwierigkeiten und gemachten Fehler.
ORG
Der Film (Fernando Birri)
Die Geschichte entfaltet sich viele Jahre nach der Explosion des Großen
Atompilzes. Der Schwarze Grrr hilft seinem weißen Freund Zohomm bei der
Eroberung der geliebten Shuick. Kurz danach, während eines interplanetaren
Wochenendtrips, befragt Zohomm eifersüchtig eine alte elektronische Ruine,
die Kybernetische Sibylle, wegen seiner Frau und seines Freundes. Die Antwort
bestätigt seine Verdächtigungen und er schneidet sich den Kopf ab.
Als er seinen toten Freund findet, schneidet sich auch Grrr den Kopf ab, und
Shuick, als sie die beiden sieht, will sich gerade von einer Klippe
stürzen, aber die Zauberin hält sie auf und schenkt ihr die Leben der
beiden Männer.
Shuick erweckt sie zum Leben, indem sie ihre Köpfe wieder an ihre
Körper befestigt, aber dabei vertauscht sie versehentlich (oder nicht)
ihre Köpfe. Ein Streit zwischen Zohomms Kopf (und Grrrs Körper) und
Zohomms Körper (und Grrrs Kopf) entzündet sich an der Frage, wer die
Frau haben soll, ist der Mann sein Kopf oder sein Schwanz?
Um dieses Dilemma zu lösen, besuchen die drei Toute-la-memoire-du-monde,
einen alten Weisen, der die gesamte Weisheit aus der Wissenschaft und Kultur
der Erde besitzt und jetzt in einsamer Hibernation auf einem Asteroiden lebt.
Toute entscheidet zugunsten von Zohomms Kopf was Shuick und Zohomm
gefällt. Grrr. mit seinem neuen, weißen Körper entscheidet sich
für das Exil.
Die Zeit vergeht, und Shuick bekommt ein Kind. Zohomms neuer, schwarzer
Körper fängt an, zu verblassen und Shuick denkt wieder an Grrr.
Siebegibt sich mit ihrem Sohn auf eine intergalaktische Reise, um ihn zu
finden. Zohomm folgt ihr heimlich, und erwischt sie schließlich, als sie
mit Grrr schläft. Erneut packen Zohomm Wut und Eifersucht.
Die drei Freunde suchen nach Lösungen für ihr Problem, aber sie
kommen zu dem Schluß, daß aufgrund ihrer Konditionierung auf der
Erde, jedes Paar von ihnen automatisch Leid für den dritten bedeuten
würde. Unfähig einen Ausweg zu finden, zerstören sie sich und
hinterlassen ihrem Kind ihre besten Eigenschaften als Vermächtnis:
Schönheit, Kraft und Intelligenz, in der Hoffnung auf ein harmonischeres
Leben.