(EMAF96)
EUROPEAN MEDIA ART FESTIVAL · 11-15 SEPTEMBER 1996 · OSNABRÜCK

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EMAF 1992

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Die Handlung und die Quellen

Die indische Originalsage

Das Dilemma der Wäscherin aus Die Geschichten des Vikramaditya (Vetala Panchavimsati).

Und der Ghul erzählte die folgende Geschichte:

Es geschah eines Tages, daß ein Wäscher mit einem Freund aus einer Kleinstadt kam und als sie sich dieser bestimmten Stadt näherten, erblickte sein Auge den Tempel des Devi. Er beschloß sich vor dem Gott niederzuwerfen.

In jenem Augenblick sah er, daß die Tochter eines Wäschers, die sehr schön war, auf ihn zukam. Bei ihrem Anblick war er entzückt, und dann ging er, um Devi anzubeten.

Nachdem er sich niedergeworfen hatte, faltete er in demütiger Bitte seine Hände und sagte in seinem Herzen, "Oh Devi! Wenn durch deine Gunst meine Hochzeit mit diesem schönen Mädchen stattfindet, dann werde ich dir meinen Kopf als Opfer geben."

Nachdem er diesen Schwur geleistet und sich niedergeworfen hatte, nahm er seinen Freund und ging zurück in seine Stadt. Die Trennung von seiner Geliebten betrübte ihn so sehr, daß er Schlaf, Hunger und Durst vergaß.

Er dachte den ganzen Tag an sie. Als sein Freund seinen jammervollen Zustand sah, ging er und erzählte seinem Vater die genauen Umstände. Auch sein Vater war bestürzt, und nachdem er über die Angelegenheit nachgedacht hatte, sagte er: "Wenn ich mir seinen Zustand ansehe, dann scheint es mir, daß er sich zu Tode grämen wird, wenn die Verlobung mit diesem Mädchen nicht stattfindet. Deshalb ist es besser, ihn mit ihr zu verheiraten."

Die Eheleute begannen gemeinsam ein glückliches Leben. Nach einer Weile gab es eine Festlichkeit im Hause des Vaters des Mädchens, und Braut und Bräutigam wurden eingeladen. Sie machten sich bereit und gingen mit ihrem Freund in die Stadt.

Als sie sich der Stadt näherten und den Tempel sahen, fiel dem Ehemann sein Schwur ein. Er dachte nach und sagte zu sich: "Ich bin ein großer Lügner und ein sehr gottloser Schuft, denn ich habe Devi belogen!"

Nachdem er dies gedacht hatte, sagte er seinem Freund: "Warte hier, ich besuche Devi." Und seiner Frau sagte er: "Warte du auch hier." Er ging zumTempel, wusch sich, stand vor Devi, faltete seine Hände in demütiger Bitte, grüßte sie ehrfürchtig, zog ein Schwert und schlug sich damit an den Hals. Sein Kopf wurde vom Körper abgetrennt und fiel auf den Boden.

Da er ihn jetzt lange nicht mehr gesehen hatte, dachte sein Freund, er müsse gehen und nachsehen, was geschehen war. Er sagte der Frau: "Bleib hier, ich werde ihn bald gefunden haben und bringe ihn dann hierher zurück." Er ging in den Devi-Tempel und sah, daß der Kopf seines Freundes neben dessen Körper lag. Beim Anblick dieses Bildes sagte er sich: "Die Welt ist grausam. Niemand wird annehmen, daß er mit seiner eigenen Hand Devi seinen Kopf geopfert hat; im Gegenteil, man wird sagen, daß er (der Freund) seinen raffinierten Plan ausführte und ihn tötete, weil die Frau so schön war und er sie besitzen wollte. Deshalb ist es besser, hier zu sterben, denn es ist unerfreulich, mit einem sehr schlechten Ruf zu leben." Nachdem er dies gesagt hatte, wusch er sich, präsentierte sich Devi, faltete seine Hände und huldigte ihr; dann nahm er sein Schwert, schlug es sich an den Hals, so daß sein Kopf vom Körper abgetrennt wurde.

Und die Frau, müde des Stehens und Wartens auf ihre Rückkehr, verzweifelte und ging zum Tempel der Devi, um sie zu suchen. Als sie dort ankam, sah sie die beiden Toten dort liegen! Bei diesem Anblick dachte sie sich: "Man wird nicht glauben, daß sich diese beiden freiwillig Devi geopfert haben. Jeder wird sagen, die Witwe sei ein liederliches Frauenzimmer, und daß sie beide tötete und sie verließ, um ihrer Lasterhaftigkeit zu frönen. Es ist besser, zu sterben als eine solche Schande zu ertragen."

Nach diesen Gedanken ging sie in das Becken, wusch sich und nachdem sie sich zu Devi begeben hatte, senkte sie ihren Kopf in Ehrfurcht, nahm das Schwert und wollte sich gerade damit an den Hals schlagen, als Devi vom Altar herabstieg, zu ihr trat, ihre Hand nahm und sagte: "Tochter! Bitte um eine Gnade, ich bin mit dir sehr zufrieden."

Darauf sagte sie, "Mutter! Wenn du mit mir zufrieden bist, dann erwecke die beiden zum Leben!"

Devi antwortete: "Verbinde ihre Köpfe mit ihren Körpern."

In ihrer Aufregung und Freude vertauschte sie die Köpfe, als sie sie aufsetzte. Devi brachte das Wasser des Lebens und benetzte sie damit. Die beiden erwachten zum Leben und fingen an, miteinander zu streiten: "Sie ist meine Frau!", "Sie gehört mir!"

Nachdem er soviel von der Geschichte erzählt hatte, fragte der Ghul: "Nun, König Vikram, von welchem dieser beiden ist sie die Frau?"

Der König antwortete: "Höre! Die Richtschnur hierfür ist im Buch des Gesetzes niedergeschrieben: "Der Ganges ist der beste Fluß und der Sumuru ist der herrlichste Berg, der Kalpavrikah ist der heiligste Baum und der Kopf ist das oberste aller Glieder des Körpers." Nach diesem Gesetz wird sie die Frau dessen, der den Kopf des Ehemannes hat."

Als er dies hörte, ging der Ghul fort und hing sich an den Baum; der König, der ihn gebunden hatte, stellte ihn auf seine Schulter und trug ihn davon.

Aus Roberto Fertonanis Einführung in "Die vertauschten Köpfe" von Thomas Mann, 1972

Das Märchen ist Teil von ''Vetalas fünfundzwanzig Märchen" (Vetala ist ein Dämon, der die Toten verschlingt), in dem König Vikramaditya vorgestellt wird, der, um einem Asketen mit einem seiner Zaubersprüche zu helfen, einen Leichnam von einem Baum nimmt und auf seine Schultern lädt.

Zimmers Reszension schlägt eine psychoanalytische Interpretation vor. Die Frau, die nicht zufrieden war, wurde von einem verborgenen Wunsch zum Austausch der Köpfe geleitet.

Mann verdichtet die Handlung; zunächst durch das Einbringen der zwei Figuren, Samadhi, den Sohn, und Kamadamana, den Asketen, an den sich die drei wenden, um das komplexe rechtliche Problem zu lösen, das durch den Austausch der Köpfe entstanden ist. Und zweitens fügt Mann, während das indische Märchen mit der kurzen Antwort des Königs endet, etwas vollkommen Neues hinzu: Sita, unzufrieden mit ihrem neuen Gatten, der sich aus Shridawans Kopf und Nandas Körper zusammensetzt, läuft mit dem Kind davon, um nach dem anderen zu suchen.

"Sex, Schönheit, Intelligenz, was für ein großes Geheimnis ist ihre Verbindung!" Der ihr vom Asketen zugewiesene Ehemann findet sie mit dem anderen Mann, und das Problem ihrer unmöglichen Situation wird durch den gleichzeitigen Tod der beiden Rivalen und Sitas Opferung gelöst: die Männer stechen sich gegenseitig ins Herz und die Frau, wie es indische Frauen vor langer Zeit taten, folgt dem doppelten Schicksal ihres Gatten, indem sie sich selbst bei der Beerdigung verbrennt.

"Es gibt dabei eine spirituelle Schönheit und eine Schönheit, die die Sinne anspricht. Einige ordnen Schönheit gern vollständig der Welt der Sinne zu und trennen sie in der Regel vom spirituellen Element, so daß die Welt aussieht, als ob sie durch die Antithese von Geist und Schönheit getrennt ist. Dies ist auch die Grundlage der alten Veda-Doktrin: man kann in derWelt nur zwei Arten der Glückseligkeit erfahren - die Freuden des Körpers und die ausgleichende Gelassenheit des Geistes. Jetzt kann man gegen diese Doktrin der Glückseligkeit anführen, daß das geistige Element der Schönheit nicht so entgegengesetzt ist wie Häßlichkeit, und daß sie nur in einem relativen Ausmaß eine Einheit mit letzterer bildet.

Der Geist ist nicht oder muß nicht gleichbedeutend mit Häßlichkeit sein; tatsächlich wird er schön durch die Kenntnis des Schönen und die Liebe dazu. Diese Liebe manifestiert sich als geistige Schönheit und entfremdet sich dadurch nicht oder ist etwa ohne Hoffnung, denn nach dem Gesetz, daß sich Gegensätze anziehen, strebt Schönheit nach Spriritualität, sie bewundert sie und bewegt sich auf sie zu. Diese Welt ist nicht so, daß der Geist nur Geistiges lieben muß und die Schönheit nur Schönes, sondern durch die Antithese kann deutlich gesehen werden, was genauso schön wie spirituell ist, das universelle Ziel, die Fusion von Schönheit und Geist, das heißt Vollkommenheit und Glückseligkeit sind nicht mehr getrennt. Unsere Geschichte ist nur ein Beispiel für die auf dem Weg zu diesem Endziel erlebten Schwierigkeiten und gemachten Fehler.

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Der Film (Fernando Birri)

Die Geschichte entfaltet sich viele Jahre nach der Explosion des Großen Atompilzes. Der Schwarze Grrr hilft seinem weißen Freund Zohomm bei der Eroberung der geliebten Shuick. Kurz danach, während eines interplanetaren Wochenendtrips, befragt Zohomm eifersüchtig eine alte elektronische Ruine, die Kybernetische Sibylle, wegen seiner Frau und seines Freundes. Die Antwort bestätigt seine Verdächtigungen und er schneidet sich den Kopf ab. Als er seinen toten Freund findet, schneidet sich auch Grrr den Kopf ab, und Shuick, als sie die beiden sieht, will sich gerade von einer Klippe stürzen, aber die Zauberin hält sie auf und schenkt ihr die Leben der beiden Männer.

Shuick erweckt sie zum Leben, indem sie ihre Köpfe wieder an ihre Körper befestigt, aber dabei vertauscht sie versehentlich (oder nicht) ihre Köpfe. Ein Streit zwischen Zohomms Kopf (und Grrrs Körper) und Zohomms Körper (und Grrrs Kopf) entzündet sich an der Frage, wer die Frau haben soll, ist der Mann sein Kopf oder sein Schwanz?

Um dieses Dilemma zu lösen, besuchen die drei Toute-la-memoire-du-monde, einen alten Weisen, der die gesamte Weisheit aus der Wissenschaft und Kultur der Erde besitzt und jetzt in einsamer Hibernation auf einem Asteroiden lebt. Toute entscheidet zugunsten von Zohomms Kopf was Shuick und Zohomm gefällt. Grrr. mit seinem neuen, weißen Körper entscheidet sich für das Exil.

Die Zeit vergeht, und Shuick bekommt ein Kind. Zohomms neuer, schwarzer Körper fängt an, zu verblassen und Shuick denkt wieder an Grrr. Siebegibt sich mit ihrem Sohn auf eine intergalaktische Reise, um ihn zu finden. Zohomm folgt ihr heimlich, und erwischt sie schließlich, als sie mit Grrr schläft. Erneut packen Zohomm Wut und Eifersucht.

Die drei Freunde suchen nach Lösungen für ihr Problem, aber sie kommen zu dem Schluß, daß aufgrund ihrer Konditionierung auf der Erde, jedes Paar von ihnen automatisch Leid für den dritten bedeuten würde. Unfähig einen Ausweg zu finden, zerstören sie sich und hinterlassen ihrem Kind ihre besten Eigenschaften als Vermächtnis: Schönheit, Kraft und Intelligenz, in der Hoffnung auf ein harmonischeres Leben.

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© 1996 Aug 12 EMAF / emaf@bionic.zerberus.de


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