Interaktive Video Installation (Dt. Erstaufführung)
Barney W. Haynes, USA 1992
Das Thema der Installation TALES FROM THE CHOPPING CART ist der Konsum von
Bildern. Innerhalb des Kontextes eines verlassenen Ladens gibt es leere Regale,
mit ein paar herumliegenden Dingen. Durch die Gänge bewegt sich der
interaktive `chopping cart'. In den Ecken der Installation, über
umgedrehte, mit Wasser gefüllte Kühlschränke treibend, flackern
Fernsehröhren, die den Raum mit Licht erfüllen.
Chopping Cart
Der `chopping cart' hat einen auf eine Armatur gesetzten Monitor, der an den
Korb des Wagens geschraubt ist. Der "Konsument" oder der Betrachter schiebt den
Einkaufswagen (shopping cart) durch die Installation und sucht dabei nach den
Strichcodes. Jeder Strichcode stellt ein Kapitel Bilder auf der Video-Disk dar.
Wenn der "Konsument" einen Strichcode mit dem Strichcode-Leser ausgewählt
hat, erscheint eine Bilderserie auf dem Monitor des Einkaufswagens. Die Bilder
haben eine physische und thematische Beziehung zu den verstreuten Dingen in den
leeren Regalen.
Der Bilderkonsum findet durch die Manipulation der Geschwindigkeit und der
Richtung des Wagens statt. Wird der Wagen langsam bewegt, so läuft die
Video-Disk langsam, wird der Wagen zurückzogen, läuft die Video-Disk
zurück. Die Fähigkeit des Videodisk-Players, die Geschwindigkeiten
ohne Schwierigkeiten zu ändern, schafft eine nahtlose Erweiterung der
Bewegung des Wagens. Zwischen der wiederholenden Bewegung des "Verbrauchers",
dem Bild und dem Einkaufswagen wird innerhalb der Installation ein physischer
Gleichlauf hergestellt.
Der "chopping cart" ist physikalisch und emotional interaktiv. Die mechanische
Bewegung des Wagenschiebens und -ziehens ruft einen Zustand des Nachdenkens
hervor. Visuelle Rhythmen werden durch die Isolation von Zeit und Bewegung in
Wiederholungen geschaffen. Räumliche und thematische Beziehungen
verschieben sich, was es dem "Verbraucher" gestattet, eigene Geschichten zu
ersinnen.
Video
Der Mund ist Haupthema der Videodisk. Zu den Bildern gehören: das
"gefräßige Kind", das sich in ständig wiederkehrender Vorfreude
die Lippen leckt; ein körperloser Finger, der den Rachen eines CPR-Dummys
säubert; und eine Zunge, die existentielle Zitate erbricht, indem sie
Sprache in atonale Tonstücke aufgliedert.
Satiation Pools
Die `Satiation Pools' (satiation = Sättigung) sind Wasserkörper, die
funktionierende Bildröhren haben, die umgekehrt auf der
Wasseroberfläche treiben. Die Schaltungen und Kabel auf den Fernsehern
hängen über dem Wasser, so daß die Röhren frei treiben
können. Die Pools basieren auf Platos Allegorie von der Höhle. Das
bildlose Licht erfüllt die Installation mit flackernden Schatten.
Barney W. Haynes: Arbeitet seit zehn Jahren im Bereich Video, mit
Videofilmen, Performances und Installationen. Studium an der University of
California, Berkeley, Kalifornien. 1980 BA in Sozialwissenschaft mit der
Abschlußarbeit "Kunst und kulturelle Praxis". Studium am California
College of Arts and Crafts, Oakland, Kalifornien. 1988 MFA in
Film/Video/Performance mit Auszeichnung