(EMAF96)
EUROPEAN MEDIA ART FESTIVAL · 11-15 SEPTEMBER 1996 · OSNABRÜCK

Remembrance of Things Fast

EMAF 1994

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16mm, 59:00, col., England 1993, Regie: John Maybury, Produzent: Chiara Menage, Kamera: John Mathieson, Art Director: Alan MacDonald, Schnitt: Gavin Burridge, James Bygrave, Sound Design: Marvin Black, Darsteller: Rupert Everett, Tilda Swinton, Eros Erosion

Vor malerischen Hintergründen -Berge, Wüsten, Meere, Zukunftsstädte, einer Mondlandschaft -, die an Gemälde zwar erinnern, tatsächlich aber dem Computer entstammen, erstehen elektronische Tableaux vivants, in denen sich die unterschiedlichsten Charaktere begegnen: Transvestiten, Terroristen, Narren, Teufel, Engel, Nachrichtensprecher, verschleierte Frauen, ein Mann auf einem Scheiterhaufen, hübsche junge Männer in nichts als weißen Tennissocken (und die sich dennoch an die Wäsche gehen).

Dazwischen erzählen die Hauptdarsteller sowohl ausgedachte als auch wahre Geschichten zumeist erotischen Inhalts - eine Dramaturgie, die sich der Cut up-Methode des Fernsehens (Werbeblöcke, Satellitenschaltung) bedient, wobei hier allerdings die poetische Struktur wichtiger ist als die Botschaft.

Remembrance of Things Fast stellt den Höhepunkt der Videoarbeit von Regisseur J. Maybury dar, die sich mit der Technik selbst weiterentwickelt hat, und zum Zeitpunkt des Schreibens dieser Zeilen mit Recht als State of the Art bezeichnet werden kann. Produziert mit dem lächerlichen Zuschuß von 25.000 Pfund vom Arts Council und Channel 4, mit großzügiger Unterstützung des Cutting Edge Facility House Soho 601 spielen in dem Film u.a. Rupert Everett, Tilda Swinton und der amerikanisch-britische Pornostar Aiden Shaw mit.

Der Film ist eine Beschreibung und Gegenüberstellung von weltweiten Konventionen des Fernsehens und der Satellitenübertragungen, des fragmentarischen und chaotischen Wesens des Mediums und der dreiminütigen Aufmerksamkeitsspanne, wobei gleichzeitig der fade Inhalt der Mainstream-Bilder durch dunklere, eher satirische Beobachtungen und Studien ersetzt wird.

Der Kern des Films besteht aus einer Anzahl von Talking-Head-Erzählungen, die aus den intensiven persönlichen Erfahrungen der Erzähler stammen. Die Umgebung ist surreal, virtuelle Realität, TV LAND: Landschaften und imaginäre Städte, vorteilhaft in Szene gesetzt durch Marvin Blacks dichten, dunklen Soundtrack: ein Cyberspace, in dem das Unmögliche sehr gut möglich ist. In dieser parallelen Welt handeln, beobachten und reden Archetypen, die von einer starken sexuellen Empfindsamkeit beseelt sind. Die fließende, nonlineare Struktur des Films wurde durch Schnittechniken erreicht, die erst während der Konzeption des Films verfügbar wurden; so sind vielfältige Interpretationen denkbar. Komödie und Tragödie, Realität und Erfindung konfrontieren und unterminieren sich ständig gegenseitig. Vom Publikum wird erwartet, daß sie ihre kulturelle Arroganz, ihre sozialen Hintergründe und politische öberzeugungen sechzig Minuten vergessen und sich auf das Motto des Films konzentrieren:Wahre Geschichten, visuelle Lügen.

Ausgezeichnet mit dem Spezialpreis Teddy Bär beim Berlin Film Festival Februar 1994.

John Maybury: geboren 1958 in London. Während des Kunststudiums am North East London Polytechnic erste Super8-Filme. Ab 1977 Kostüm- und Set-Design bei Filmen Derek Jarmans. Seit 1982 eigene Avantgarde-Filme, weiterhin als bildender Künstler aktiv. Drehte Musikvideos u.a. für Neneh Cherry und Sinead O`Connor (Nothing compares 2u). Hat mit Tilda Swinton zuvor schon bei seiner Theater-Adaption Man to Man (nach Manfred Karge) zusammengearbeitet. Lebt in London.



© 1996 Aug 12 EMAF / emaf@bionic.zerberus.de


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