In diesem Film, der mit einer Rede von Vito Russo beginnt, erhält ein
Chor von Sprechern die Anweisung, sich über AIDS, Liebe und Tod
auszulassen. Diese von einer Vielfalt von formalen Verfahren getriebene Serie
von Miniportraits ist großzügig aufpoliert mit Auszügen aus
Found-Footage, mit handentwickelten Dilemmata, Home-Movies,
Super-8-Psychodramen, überspannten Phantasmen, intergalaktischen Kriegen
und einem heißen Kuß in einer kalten Dusche.
Nachdem ich all diese Jahre Filme angesehen habe, sind sogar meine
Träume von Titelsequenzen und Flashbacks erfüllt. Und so sah ich also
vor sechs Monaten, als ich dachte, daß ich sterben würde,
ständig ein Festzelt vor mir, auf dem die Worte "Die Show schließt,
letztes Wochenende" aufblinkten. Und eines Tages hörten die Worte auf und
mir ging es besser. Es ist lustig, denn ich fühlte mich nicht besonders
erleichtert oder ekstatisch; es war vor allem enttäuschend, denn es
bedeutete, weiterzumachen, und es war eben einfacher, das nicht zu tun. Ich
begann, an die 800 Frühstücke zu denken, die auf mich warteten, oder
die neun Monate im Leben, die du mit Zähneputzen verbringst, oder daran,
wie viele Male du mit einem großen blöden Grinsen auf dem Gesicht
bei einer Unterhaltung würdest dastehen müssen, weil all die Worte,
die du einst kanntest, für den Winter nach Süden geflogen
sind.
Doch vor zwei Wochen passierte es dann wieder, der trockene Husten und das
Schwitzen in der Nacht und Trevor, dein Arzt, der sagt: "Ich bin kein
Unheilsprophet, oder?", wenn er dich zum Röntgen des Brustkorbes schickt,
wobei sich dann zeigen wird, daß du eine Lungenentzündung hast.
Wieder. Du gehst nach Hause und liegst in einer kleinen Lache deines eigenen
Schweißes, bevor John mit Blumen vorbeikommt, die er bei der
Polizeistation am Ende der Straße geklaut hat. "Regierungsgebäude",
sagt er, "haben immer die besten Blumen." Er hält dich und nimmt dir das
Versprechen ab, nicht zu gehen und in diesem Moment erkennst du, daß dir
dein eigener Tod nicht gehört, daß er tatsächlich anderen
gehört als eine Art letztes Geschenk, als die letzte Sache, die du in den
Topf heineinwerfen kannst. Und du schaust ihm in die Augen, wissend, daß
der Tod doch nicht endgültig ist. Und daß die Engel noch nicht
bereit sind. Und dann schläfst du ein.Mike Hoolboom: Geboren 1959
in Toronto. 1978-80 Performance-Gruppe White Noise Labs. Seit 1980 45
Experimentalfilme.
Kanada 1996
16mm, col., 15:00
Regie, Schnitt: Mike Hoolboom
Screenplay: Mike Hoolboom, Vito Russo
Kamera: Steve Sanguedolce, Mike Hoolboom
Musik: Earle Peach