// KONGRESS

Fachreferenten, Kuratoren und Künstler stellen ihre Positionen zur aktuellen Medienkunst in theoretischen Diskursen und mit Beispielen aus der Praxis vor.

// Zeitplan

Veranstaltungen im Haus der Jugend
Fr., 22. April & Sa., 23. April 2005



Kongress



Making of Balkan Wars: the Game /

// Haus der Jugend / Fr., 22. April 2005

Netzwerk für den Frieden
Der Titel klingt wie ein weiteres Video-Kriegsspiel, doch "The Making of Balkan Wars: the Game" ist weder Ego-Shooter noch Strategiespiel. Es ist ein Projekt, das sich auf die Schaffung eines Netzwerkes zwischen Künstlern, Kunstkritikern, Dichtern und Kuratoren aus Südosteuropa konzentriert. Der Projektknotenpunkt ist ein Multiuser-3D-Videospiel. Es beinhaltet Videos, Klänge, Bilder und Texte, die mehr als 50 Künstlern beisteuern. Die Spieler erschaffen innerhalb einer simulierten Balkanwirklichkeit ihre eigenen Avatare, die sich auf die stereotypen Charaktere des Balkans beziehen. Ilias Marmaras (GR), Koordinator des Künstler-Kollektivs "Personal Cinema", stellt das Projekt vor, in dem es darum geht, die Regeln des Zusammenlebens von Menschen unterschiedlicher Kulturen, Glaubens und Ideologie zu verstehen.

Hinaus aus der Black Box
Mit "The Tulse Luper Suitcases" (TLS) erweitert Regie-Altmeister Peter Greenaway die Grenzen des Mediums Film. Film soll sich nicht länger auf den bloßen Celluloid-Streifen beschränken, sondern alle verfügbaren Medien auf unterschiedlichsten Ebenen vom Buch bis zum Internetportal in einer eigenen neuen Welt zusammenführen. Drei seiner Mitarbeiter stellen verschiedene Bausteine des multimedialen Großprojekts vor: Antoinette te Paske berichtet von der geplanten TLS-Ausstellung "Gold". Marc Thelosen präsentiert die Internetplattform "Tulse Luper Network", von der alle Aktivitäten des Projekts koordiniert werden. Bruno Felix stellt das Video Game "The Tulse Luper Journey" vor, das Interessierte in der Ausstellung des EMAF in der Kunsthalle Dominikanerkirche an drei Terminals ausprobieren können. Peter Greenaway selbst erklärt am Samstag (23. April, 19:30 h) im Cinema Arthouse seine Vision vom "postcineastischen Kino".

Roundtable Medien-Kunst-Markt
In Ausstellungen und Museen ist Medienkunst schlicht Kunst. Außerhalb dieser Reservate ist auch sie Ware und konkurriert mit den "Produkten" anderer Kunstsparten. Auf diesem Markt tut sich die "junge" Medienkunst im Vergleich zu den "alten" Künsten wie Malerei oder Fotografie immer noch schwer. Auf dem Kongresses diskutiert eine Expertenrunde zentrale Fragen der Vermittlung und Vermarktung von Medienkunst: Wie können die Chancen der Medienkunst im Kunstmarkt verbessert werden?

Die Teilnehmer:
Rudolf Frieling, ZKM, Karlsruhe
Monika Fleischmann, IMK Fraunhofer Institut, Sankt Augustin
Wolf Lieser, DAM Galerie, Berlin
Iris Dressler, Hans D. Christ, Württembergischer Kunstverein, Stuttgart
Berta Sichel, Museo National Reina Sofia, Madrid
Hanne Beate Ueland, Astrup Fearnley Museum of Modern Art, Oslo

Yoko Ono in Oslo
Keine Gedanken um ihre Chancen auf dem Kunstmarkt muss sich Yoko Ono machen, schließlich ist sie eine der bekanntesten Künstlerinnen unserer Zeit. Hanne Beate Ueland vom Osloer Astrup Fearnley Museum of Modern Art berichtet von der aktuellen Ausstellung der New Yorkerin: "Yoko Ono: Horizontal memories". Mit ihren berühmten "Anweisungen", Performances, Installationen, Filmen, Musik, Skulpturen und Fotografie steht Ono seit den 60er Jahren an der Spitze der zeitgenössischen Kunst. Im Mittelpunkt der Ausstellung am AF Moma in Oslo steht ihr Einfluss auf Kunst als Konzept und ihre kritische Vision. Zusätzlich zu den ausgestellten Werken (Skulpturen, Installationen, Musik), existieren einige Werke nur als "Anweisungen", die nur per Mobiltelefon oder per Internet zugänglich sind.
  



Thementag Dokument



Orlan - Carnal Art /

// Haus der Jugend / Sa., 23. April 2005

Dokumente in der Kunst können Rohstoff, Spuren, Fetische, Indizien, emotionale Spuren oder Anregungen, Rekonstruktionen sein, kurz – Ausgangsmaterial für – oder Zeugnisse von Kunst. Doch welchen Status haben diese verschiedenartigen "Dokumente"? Unterliegen sie den gleichen Regeln wie historische oder politische Dokumente? Das Symposium geht diesen Fragen mit Filmbeispielen und Präsentationen nach.

Den Anfang macht Stephan Oriach mit seinem Film "Orlan – Carnal Art (Körperkunst)", der hier in Wiederholung von Fr., 22. April, 22.30h (Cinema Arthouse 5) gezeigt wird. Der Regisseur hat die französische Körperkünstlerin Orlan über ein Jahrzehnt begleitet, und war als Videast an ihren spektakulären Operationen beteiligt. Orlan hat mit ihrer "Art Charnel" ein Kapitel der Bodyart geprägt, bei der nicht Selbstverletzung und das Aushalten von Schmerzen eine zentrale Rolle spielt, sondern die effektive Umgestaltung eigener Identität als künstlerischer Akt.

In einem anschließenden Dialog mit Stephan Oriach stellt Jens Hauser die Frage nach der Rolle Regisseurs: ist er Kunst-Dokumentarist, "freier Künstler", oder beugt er sich dem inszenatorischen Anspruch der Körperkünstlerin Orlan?

In seinem Vortrag "When Bodyart goes Bioart: Von Performanz zum Dokument – ein Klassiker?" thematisiert Hauser den aktuellen Gegentrend zur "digitalen" Medienkunst. Nicht mehr Virtuelle Realitäten und Interaktion stehen hier im Vordergrund, stattdessen kehren Künstler zu körperzentrierten, "re-materialisierten" Performances zurück, die in der Bio-Kunst gipfeln. Anhand von Filmbeispielen zeigt Hauser aber auch eine erstaunliche Gemeinsamkeit der beiden Richtungen: oft genug werden die vergänglichen Kunstwerke auf Video festgehalten, eine adäquate Möglichkeit der Spurensicherung.

Auch Adrian Heathfield widmet sich mit seiner Präsentation "Traces of Events" dem Thema Spurensicherung. Kultur- und Kunstphänomene werden zunehmend genre-übergreifend als "Live-Art" betrachtet. Heathfield untersucht die Beziehung zwischen "Live-Art" und deren "Spuren" in Dokumenten, kritischen Schriften und visuellen Medien. Insbesondere wird er Formen wie Performance, Live- und Körperkunst, die Debatte um deren Umsetzung in andere Formen und die kreativen und kritischen Möglichkeiten des Dokuments als Kunstwerk diskutieren. Adrian Heathfield ist Herausgeber zahlreicher Publikationen, u.a. "Live: Art and Performance" (2004) erschienen bei Tate Modern.

Den Abschluss des Document-Tages bildet Michael Bautes Vortrag "Zu Harun Farocki". Mit kommentierten Ausschnitten aus Filmen und Texten bietet er einen Einblick in die Arbeitsweise des Berliner Filmemachers, Autors, Künstlers und politischen Aktivisten Harun Farocki.
  



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