<< zurück
Umschulung, Die
(E): The Retraining
Harun Farocki
D 1994, 44:00
EMAF 2005
Tour:
nein
im Verleih: nein / in distribution: no
Credits:
// D 1994, 44:00, BetaSp, Farbe
// Directing, Buch: Harun Farocki
// Camera: Ingo Kratisch, Thomas Arslan
// Editing: Max Reimann
// Auszeichnung: Adolf-Grimme-Preis 1995
Beschreibung:
Ja.Ja.Ja.Ja.Ja.Ja. Das ist das Protokoll eines erfolgreichen Verkaufsgesprächs. Wenn der Käufer fünfmal ja gesagt
habe, erläutert der Lehrer, sei die Trägheit des Gehirns so weit fortgeschritten, daß er auch zum sechstenmal ja sage.
Der Lehrer kommt aus dem Westen. Das Klassenzimmer ist in einem Clubhotel im Tessin. Die Schüler kommen aus
dem Osten. Sie sind Angestellte zweier ostdeutscher Baufirmen, die jetzt einem Westdeutschen Besitzer gehören. ›Die
Umschulung‹, die neue Dokumentation von Harun Farocki, ist ein Lehrfilm über die Arbeit an der inneren Einheit.
(...) Das Raffinement des von Farocki festgehaltenen pädagogischen Verfahrens liegt in der Selbstreferenz. Das Unterrichtsgespräch,
das das Verkaufsgespräch lehren soll, wird selbst schon als Verkaufsgespräch geführt. Der Lehrer
flicht Anekdoten ein, stellt rhetorische Fragen, lockt und warnt. Ziel und Methode sind eins: Reduktion von Komplexität.
›Wenn sie hier weggehen, wird sich ihr Wortschatz entschieden verkleinert haben.‹ Auch auf dem Markt der
Worte herrscht das Gesetz von Angebot und Nachfrage. Dem gesteigerten Bedarf am ›Ja‹ entspricht der Nachfrageausfall
beim ›Nein‹. Die Schüler dürfen noch nicht einmal mit dem Kopf schütteln. ›Warum dürfen sie in der täglichen
Praxis nicht den Kopf schütteln, Herr Wagner?‹ ›Weil es Ablehnung ausdrückt‹. ›Wenn wir jetzt in der stärkeren
Position sind, dann fangen wir doch gar kein Preisgespräch mehr mit ihnen an.‹ (...) Die Maximen, die der Lehrer
memorieren ließ, fassten die Paradoxien der Individualität zusammen, wie sie die Moralistik entfaltet hat. ›Das Ich
ist nichts. Das Sie ist alles. Nur das Gegenüber zählt. Sie müssen Ihr Leben ändern.‹ Aber die Unterwerfung unter
den anderen dient nur seiner Überwältigung im Verkaufsabschluss. Das Individuum existiert nur von Gnaden der
Gesellschaft. (Patrick Bahners, FAZ)
Description:
Yes.Yes.Yes.Yes.Yes.Yes.. This is the record of a successful sales discussion. When the buyer has said five times, the teacher explains, his
brain has become so sluggish, that he'll say yes a sixth time. The teacher comes from West Germany. The classroom is in a Clubhotel in
Tessin. The pupils come from East Germany. They are employees of two East German building firms now belonging to a West German
owner. Harun Farocki's new documentary ›Die Umschulung‹ is an instructional film concerning work on the inner unity of the country.
[...] The refinement of the educational method captured by Farocki, lies in self-reference. The dialogue in the lesson, which is intended to
teach the art of sales talk, is itself conducted in the form of a sales talk. The teacher weaves in anecdotes, asks rhetorical questions,
entices and warns. Goal and method are one; a reduction of complexity. ›When you leave here, your vocabulary will be significantly
reduced.‹ The laws of supply and demand govern the marketplace for words too. The rise in demand for ›yes‹ corresponds to the shortfall
in demand for ›no‹. The pupils are not even allowed to shake their heads. ›Why are you not allowed to shake your head in a live situation,
Herr Wagner?‹ ›Because it expresses refusal.‹ ›If now, we are in a stronger position, then we won't have to discuss the price with
them at all.‹ [...] The maxims the teacher has them memorize are a summary of the paradoxes of individuality as produced by moralistic
theory. ›I means nothing. You means everything. Only the person opposite counts. You must change your life.‹ But the subordination to
the other person is only aimed at overcoming him with a sale. The individual only exists by the grace of society. (Patrick Bahners, FAZ)
<< zurück