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612.43Weiss
Jan-Peter E. R. Sonntag
2003-2005
EMAF 2005
Tour:
nein
im Verleih: nein / in distribution: no
Credits:
Exhibitions (Selection)
2004 media city seoul, 3. Medienbiennale, Seoul, Korea; Skulpturenmuseum Glaskasten Marl, art cologne, Köln;
Künstlerhaus Bethanien, Berlin, transmediale04, Berlin, HAU, Berlin
2003 foro artistico, EISFABRIK, Hannover; CYNETart-Festival, Dresden, hARTware-Projekte, Dortmund
2002 Zentrum für internationale Kunst, Berlin; Kunsthaus, Dresden, Galerie chromosomen, Berlin
2001 Kunsthalle Dresden, Theatre National Luxembourg, Luxemburg
2000 Staatsgalerie Stuttgart, Akademie der Künste Berlin, Akademie Schloss Solitude, Stuttgart, Fundaci-Rafael Tuls
d'Art Contemporant, Barcelona
1999 Museum der Fundacion Arte & Technologia, Madrid
1998 Apex Art C.P. Gallery New York
1997 Norwich Gallery, Norwich
1996 Kunstverein und Künstlerhaus Hamburg
1995 making waves festival 95, United Nations, San Francisco
Beschreibung:
Ganz langsam wird ein Bild sichtbar, setzt sich gegen das Weiß durch und erobert die gesamte Fläche. Zu sehen ist
letztlich ein Foto, dessen Bildgegenstände irgendwie vertraut erscheinen und über dessen Szenerie der Schnee fällt.
Dieser 12 Minuten währende Vorgang wird durch den Gesang einer Baritonstimme begleitet, dessen Tempo sich stetig
verlangsamt. Zu hören sind die traurig intonierten Verse: »Drüben hinterm Dorfe / Steht ein Leiermann / Und mit
starren Fingern / Dreht er was er kann. / Barfuß auf dem Eise / Wankt er hin und her / Und sein kleiner Teller /
Bleibt ihm immer leer. / Keiner mag ihn hören, / Keiner sieht ihn an, / Und die Hunde knurren / Um den alten
Mann. / Und er läßt es gehen, / Alles wie es will, / Dreht, und seine Leier / Steht ihm nimmer still. / Wunderlicher
Alter! / Soll ich mit dir geh'n? / Willst zu meinen Liedern / Deine Leier dreh'n?« (Wilhelm Müller)
Der Prolog zur Installation gibt erste Hinweise auf die Herkunft von Bild- und Tonmaterial: »Der Heldenbariton
Hans Hotter macht 1943 eine Einspielung von Schuberts Winterreise in Berlin. Zeitgleich zieht sich der Kessel um
Stalingrad zu. Es ist der 26. Januar 2005 und -18°C, Schneetreiben und Nebel auf dem Aussichtsplateau des Pilatus.
Man sagt, die Eskimos haben Hunderte Worte für Schnee.« (Jan-Peter E.R. Sonntag)
Der Künstler legt eine Erinnerungsspur zum II. Weltkrieg, zum Trauma Stalingrad und zu einem der berühmtesten
Liederzyklen der Musikgeschichte, in dem der Monolog eines von der Liebe verwundeten Mannes zum Sinnbild für
die politischen Verluste der Restauration wird. Die Verknüpfung von Vergangenheit und Gegenwart wird durch die
Angaben der Jahresdaten nur angedeutet, worin sie sich inhaltlich konkretisiert, bleibt unklar. Auf diese Weise
gelingt eine Balance zwischen historischer Faktizität und künstlerischer Setzung und die Öffnung für assoziative
Zugriffe verschiedenster Art.
Für Jan-Peter E.R. Sonntag ist Referenzialität künstlerische Strategie sowie Arbeitsprinzip und -methode. Er stellt
Beziehungsgeflechte und Bezüglichkeiten her, wie zwischen kultur-historischen, naturwissenschaftlichen, philosophischen
und literarischen Erkenntnissen und konfrontiert sie mit alltäglichen, scheinbar banalen Ereignissen und
Erfahrungen. (Paula von Sydow)
Description:
An image begins to emerge on the projection screen, slowly overshadowing the whiteness, until it completely covers the surface. The
image which finally emerges is a photo showing somehow familiar objects in a setting upon which snow is falling. This 12-minute process
is accompanied by the singing, which gradually slows down. The following lyrics, sung sadly, can be heard: »Drüben hinterm Dorfe /
Steht ein Leiermann / Und mit starren Fingern / Dreht er was er kann. / Barfuß auf dem Eise / Wankt er hin und her / Und sein kleiner
Teller / Bleibt ihm immer leer. / Keiner mag ihn hören, / Keiner sieht ihn an, / Und die Hunde knurren / Um den alten Mann. / Und er
läßt es gehen, / Alles wie es will, / Dreht, und seine Leier / Steht ihm nimmer still. / Wunderlicher Alter ! / Soll ich mit dir geh'n ? /
Willst zu meinen Liedern / Deine Leier dreh'n ?« (Over there beyond the village/Stands an organ-grinder / And with numb fingers / He
plays as best he can. / Barefoot on the ice/He totters here and there / And his little plate / Is always empty. / No one listens to him / No
one notices him / And the dogs growl / Around the old man. / And he just lets it happen / As it will/Plays, and his hurdy-gurdy / Is
never still./Strange old man/Shall I go with you? / Will you play your organ / To my songs? - Original text by Wilhelm Müller; translated
by Celia A. Sgroi © 1998)
The prologue to the installation gives some hints to the origins of the image and sound material: »The heroic baritone Hans Hotter created
a recording of Schubert's Winterreise in Berlin in 1943. The circle was also closing in on Stalingrad at the same time. It is now January
26, 2005 and 18 degrees below zero Celsius. Snow swirls in the air and fog surrounds the look-out platform on Mt. Pilatus. Eskimos
supposedly have hundreds of words to refer to snow.« (Jan-Peter E.R. Sonntag)
The artist uses these lines to unveil his material, and makes a deliberate reference to World War II, to the trauma that was Stalingrad,
and to one of the most famous song cycles in music history. That consists of a monologue of a man wounded by love as a means of
expressing the sense of political loss during the Age of Restauration. The links between the present and the past become evident only
through the reference to particular years in history, yet the thematic relationship remains unclear. This method provides a balance
between historical facts and artistic freedom, and allows viewers to make their own associations.
For Jan-Peter E.R. Sonntag, the use of references is both an artistic strategy and a working principle and method. He spins a web of
relationships and references found in cultural history, natural sciences, philosophy, and literature, and juxtaposes them with everyday,
seemingly banal events and experiences. (Paula von Sydow)
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