

In diesem Jahr kehren wir mit Teilen des Filmprogramms an einen für uns traditionsreichen Ort zurück, denn schon 1988 zum ersten EMAF wurden im Hasetorkino Festivalfilme gezeigt. An diesem historischen Ort weht in diesem Jahr frischer Wind, denn das Programm dort wendet sich ganz explizit an Jugendliche und Leute, die sich für neues, aktuelles und teils schräges Kino begeistern können. Neben den schon eingeführten EMAF Programmen »Media Art for Beginners« und dem MC-Programm »Clip-Klapp-BuMM« haben wir brandaktuelle Spiel- und Arthousefilme ausgewählt, die sich mit dem Gefühlen heutiger Jugendlicher auseinandersetzen. So zeigen wir als Vorpremiere von Indie-Ikone und Goldene-Palme-Gewinner Gus Van Sant seinen neuen Film »Paranoid Park«. Wie schon in seinen Vorgängern lenkt van Sant das Scheinwerferlicht auf eine Welt jugendlicher Außenseiter, in diesem Fall eine Gruppe von Skatern, allesamt junge Laiendarsteller, die van Sant über die Internetplattform MySpace gecastet hat! »The Tracey Fragments« erzählt in einer wilden Collage von Bildszenen, die als Fragmente der Story angelegt sind, von der 15jährigen Tracey, deren Vater seine Kinder als »Unfälle« beschimpft. Sie bricht auf, um zu entkommen. Aber ihre Odyssee nimmt immer stärker die Züge eines Albtraums an, zum Schluss gelingt ihr nur knapp mit einem Duschvorhang bekleidet die Flucht ...

In diesem Jahr bespielen wir zum ersten Mal das Zimmertheater. Diesen Ort denken wir uns zwischen Lounge und Wohnzimmer: ein Ort, um sich in entspannter Atmosphäre Filme und Videos anzuschauen, die sich zwischen White und Black Cube bewegen. Das Programm hier steht unter das Motto »Ver-rückte Identität«. Ein Beispiel: Laurin Federlein begibt sich auf eine höchst obskure Reise durch das schottische Hochmoor um den dort verwurzelten Typen, die Idee einer mobilen Disco anzudienen. Mit einem Budget von nur 5000 Euro hat Federlein ein Easy Rider-Remake mit seinem Protagonisten »Vincent« als modernen Don Quixote auf einem Moped erschaffen Ein weiteres Beispiel: In »I-BE-AREA « lässt Ryan Trecartin selbst in multipler Variation seinen kompletten Freundes-, Bekannten- und Verwandtenkreis in einer schrill-bunten Space-Soapera auftreten. In Trecartins Kunst geht es darum, nein zu einer Welt zu sagen, wie wir glauben sie zu kennen und ja zu einer verrückten, auf virtuellen und utopischen Möglichkeiten bauenden. Ryan Trecartin darf man mit Fug und Recht als den Enkel des magischen und einzigartigen Performers und Selbstdarstellers Jack Smith bezeichnen.

Natürlich ist auch in diesem Jahr die Lagerhalle wieder unsere Zentrale die internationale Auswahl des EMAFFilmprogramms. Es sind in erster Linie Kurzfilme, die hier thematisch zu Programmen zusammengefasst sind. In diesem Jahr sind allerdings viele Kurzfilme länger, d.h. sie gehen über die üblichen 10 Minuten hinaus und sind jetzt 20 bis zu fast 40 Minuten lang. Das hat auch mit den Themen zu tun, kritische und bewusste Filme über Umwelt, Gesellschaft, Film- und Familiengeschichte, die im Crossover zwischen Dokumentation und Spielfilm angesiedelt sind. Zudem gibt es eine Rückbesinnung auf die unterschiedlichen Qualitäten des Materials Film (Super-8, 16mm, found footage, schwarz/weiß), die sich auch dadurch ausdrückt, dass es viele perfekte filmische Montagen und weniger am Computer generierte Arbeiten gibt. Besondere filmische Leckerbissen sind hier: RR, die neueste Arbeit des Altmeisters der Komposition, Variation, Struktur und Textur von (16mm!) Film James Benning, dessen Filmvorführungen auf der Berlinale, Rotterdam und in Hof ausverkauft waren. Ein weiteres Highlight ist Guy Maddins Hommage an seine Geburts- und Heimatstadt, die auch Titel des Films ist: My Winnipeg. Eine »Docu-Fantasia« nennt der kanadische experimentelle Filmemacher sein Werk und arte meint: »Man muss es einfach gesehen haben.« Dazu gibt es leider nur einmal die Gelegenheit, am Donnerstag um 20 Uhr. Schauen Sie unbedingt auch in die anderen insgesamt 52 Programme, die Preisverleihung und wer zu spät kommt, für den gibt es immer noch (seit über 20 Jahren) das »Best of EMAF« am Sonntag Abend.
Wir wünschen allen Gästen Freunden, Besuchern und Filmemachern »square eyes« und viel Spaß in Osnabrück.