// KINO

// In 18 Tagen um die Filmwelt

Auswahlkommission des EMAF hat gesichtet

Insgesamt 18 Tage benötigte die Auswahlkommission des European Media Art Festivals, um sich durch die Flut von eingereichten Arbeiten aus aller Welt zu arbeiten. Rund 1.100 Filme und Videos aus mehr als 50 Ländern galt es zu begutachten, nun steht das Ergebnis fest. Die fünfköpfige, international besetzte Kommission wählte rund 80 Arbeiten aus, die während des Festivals (21. - 25. April) in der Osnabrücker Lagerhalle und dem Cinema-Arthouse in 17 Programmen gezeigt werden.

Ein Großteil der ausgewählten experimentellen Filme und Videos kommt aus Deutschland, USA, Großbritannien und den Niederlanden, mit dabei sind aber auch Künstler aus Australien, Russland, China und Japan.

Die Kommission mit Thorsten Alich (Videogestalter, D), Jan Schuijren (freier Kurator, NL), Barbara Pichler (freie Kuratorin, A), Mecki Barth (Filmkünstlerin, D) und Ralf Sausmikat (Programmkurator des EMAF) präsentiert in diesem Jahr eine gestraffte Auswahl, die längeren Filmen mehr Raum einräumt als in den vergangenen Jahren.

Darunter Ema Kuglers (Slowenien) digitales 90 Minuten Epos "Phantom" über die Bild-Symbolismen des Lebens und des Todes. Oder Shelly Silver (USA / Japan), die ihr Alter Ego Amanda in "Suicide" in 78 Minuten auf eine Selbstfindungsreise um die Welt schickt.


Phantom



Ein besonderes Highlight präsentiert das EMAF mit "Jonas at the Ocean", Peter Sempels anderthalb stündigem Porträt von Jonas Mekas, dem Guru des Underground- und Experimentalfilmkinos und Gründers des New Yorker "Anthology Film Archive" (AFA). Sempels Film ist ein Kaleidoskop aus Filmen des AFAs, Ausschnitten aus Mekas‘ Schaffen und Material, das Sempel auf einer gemeinsamen Reise mit Mekas‘ in dessen Heimat Litauen gedreht hat.

Natürlich kommt auch die kurze Form nicht zu "kurz". "Just a minute, Yoko" ist der Titel von Bea de Vissers Einminüter, einer Reminiszenz an die Fluxusbewegung der 60er Jahre. Kaum länger braucht Franz Hoefner in "Utrechter Hütte", um eine Wohnzimmereinrichtung im Gelsenkirchener Barock mit Kettensäge und anderen Werkzeugen in ein architektonisches Kleinod zu verwandeln.



Freakstars 3000

In einer Reihe neuer deutscher Spiel- und Dokumentationsfilme zeigt das EMAF z.B. Christoph Schlingensiefs "Freakstars 3000", ein zynische Replik auf die TV-Casting Shows, und den semi-dokumentarischen Film "The Net" von Lutz Dammbeck, der die Spur Ted Kaczynskis verfolgt, der als Unabombers in den 90er Jahren traurige Berühmtheit erlangte, als er Briefbomben an ehemalige Kollegen und Industrie-Manager verschickte. Stück für Stück offenbart Dammbeck in seinem Film ein unglaubliches Netz von Wissenschaftlern, Philosophen, Militärs und Künstlern, die das Fundament unserer heutigen computerisierten Welt legten.

Darüber hinaus präsentiert das EMAF das filmische Gesamtwerk des Wiener Künstlers und Theoretikers Peter Kubelka, der mit seinen grundlegenden Thesen zum avantgardistischen und strukturalen Film berühmt wurde. Das EMAF führt seinen neuesten Film "Dichtung und Wahrheit" in Verbindung mit einer Lesung als Deutschland-Premiere vor.


Mit einer Hommage ehrt das EMAF den in Vergessenheit geratenen Filmemacher, Dichter und Schriftsteller Christopher Maclaine. Der Amerikaner gilt als wichtiger Vertreter des kalifornischen Ablegers der Beat Generation. Mit ihrer stark fragmentarischen Erzählweise gelten Maclaines Filme "Beat", "The Man Who Invented Gold", "Scotch Hop" und "The End" als frühe Beispiele für die visuelle Umsetzung der Beatnik-Ästhetik.

Entertainment pur zeigt das Special "Legoland goes Hollywood". In ca. 15 kurzen Animationsfilmen, "Brickfilms" genannt, erleben Lego-Figuren vor Kulissen aus Lego-Bausteinen die unmöglichsten Abenteuer oder schlüpfen in die Rollen großer Filmstars.


Singers




// Hommage an Christopher Maclaine



Scotch Hop

Jazz, Dope und Rebellion

In den 40er und 50er Jahren war Christopher Maclaine Teil der sich in North Beach bei San Fransisco entwickelnden Beatnik-Szene. Zusammen mit Michael McClure, Robert Duncan, Kenneth Patchen und Philip Lamantia schrieb er für kleine Literatur-Periodika und las bei nächtlichen Poetry Slams in den Bars und Jazz-Clubs. Mit dem Avantgardefilm kam er erstmals durch die "Art in Cinema"-Reihe des Museum of Art in Berührung. Später lernte er Filmemacher wie Jordan Belson, Stan Brakhage, Larry Jordan und Harry Smith kennen.

Die meiste Zeit seines Lebens war er völlig mittellos, konnte es nie lange in einem Job aushalten und hing permanent von der Großzügigkeit seiner Freunde und Bekannten ab. Geschwächt durch den langjährigen Missbrauch von Amphetaminen litt er seit den späten 50ern an einer Methadrine- Abhängigkeit. 1963 verübte er einen Selbstmordversuch, woraufhin er für drei Monate in der psychiatrischen Abteilung des General Hospital untergebracht wurde. Nachdem er sechs Jahre arbeitsunfähig in einem Genesungsheim zubrachte, starb er 1975.

Maclaine machte nur vier Filme, die kaum gezeigt werden und nur einer kleinen Gemeinde von Bewunderern bekannt sind. Mitte der 60er Jahre war es Stan Brakhage, der dafür sorgte, dass Maclaines Filme wieder ein Publikum fanden.

Die Filme:
"The End", 1953, s/w & farbe, ton, 35 min.
"Beat", 1958, farbe, ton, 6 min.
"The Man Who Invented Gold", 1957, s/w & farbe, ton, 14 min.
"Scotch Hop", 1959, farbe, ton, 6 min.



// Japanese Cinema

In dem Special Japanese Cinema werden neue japanische Filme gezeigt,
die auch zunehmend ein Publikum in Europa finden.
Das Spektrum der Filme reicht dabei von spannenden "Samurai"
Filmen wie "Arragami" über narrative Filme "Niwatori wa hadashi da",
bis hin zu "Anime" Filmen wie "Vampire Hunted D". more...


// Sonderprogramm: Brickfilms



// Die Helden von Bern

Legoland goes Hollywood

Sie sind nur daumengroß, ziemlich hüftsteif und tragen ein eingefrorenes Lächeln auf ihren gelben Gesichtern, die Helden der "Brickfilms". Es sind Lego-Figuren, die vor Kulissen aus Lego-Bausteinen die unmöglichsten Abenteuer erleben.

Aufgenommen werden die Filme mit Stop-Motion, der Uralt-Technik des Animationsfilms. Die Figuren werden in Szene gesetzt, die Kamera ausgelöst, dann die Figuren ein winziges Stück bewegt und das nächste Bild wird aufgenommen, die Figuren wieder ein bisschen bewegt und immer so weiter. Ein Vorgang der pro Sekunde laufenden Films zwischen 10 und 15 Mal wiederholt werden muss.

Entstanden sind die ersten "Brickfilms" etwa Mitte der 80er Jahre. Anfangs nur einer kleinen Szene bekannt, erlebten sie mit dem Aufkommen des Internets einen regelrechten Boom. Das Netz erwies sich als perfekte Distributionsbasis für die meist nur wenige Minuten langen Filme.

Mittlerweile gibt es kaum einen der großen Kinoklassiker, der nicht in einer "Brick-Version" nachgestellt wurde. Das Angebot reicht von Kubricks "Space Odyssey" bis Monty Pythons "Ritter der Tafelrunde". Natürlich nicht unbedingt in gesamter Länge, denn selbst ein kurzer Fünfminüter besteht bereits aus rund 4500 Bildern. Zwar bemühen sich viele "Brickfilmer", die Originalfilme zunächst einmal nachzustellen, oft genug jedoch wird die bekannte Handlung durch kleine Veränderungen persifliert, was durchaus als Hommage an den eigenen Lieblingsfilm gedacht ist.

Do 22. April, 21:00 h, Haus der Jugend 

Die Filme
"The Original" , Dave Lennie & Andy Boyer WDLN.TV, USA 1985, 0:52
"The Chicken Dance", Chris Salt (Buxton), Oblong Pictures, GB 2003, 0:46
"The Mummy" , Ben B., Egoless Productions, USA 2001, 2:03
"The Gauntlet", Jay Silver, CDN 2002, 3:18
"Die Helden von Bern", Ingo Steidl/ Martin Seibert/ Florian Plag, D 2002, 10:25
"Great Inventors: Part One: The Wheel", Stefan van Zwam, Yellowhead Studios, NL 2002, 3:00
"A (Very) Brief History of 'Ned Kelly' and the 'Kelly Gang'", Nick Maniatis Brick-Tastic! Films, AUS 2002, 9:01
"Animation 101", Stefan van Zwam, Yellowhead Studios, NL 2002, 4:16
"Fell in Love with a Girl", Michel Gondry, Partizan , 2002, 1:54
"Prayer of Rabia", Ben B., Egoless Productions, USA 2003, 1:56
"Il est midi", Stefan van Zwam, Yellowhead Studios, NL 2003, 0:33
"Take 5", Dave Lennie & Andy Boyer WDLN-TV, USA 2003, 3:22
"Blazing Saddles", Dave Lennie & Andy Boyer WDLN-TV, USA 2001, 1:14
"One: A Space Odyssey", Tim Drage and Tony Mines, Spite your face, GB 2002, 1:00
"The Game", Nate Burr, Bluntmation, AUS 2002, 0:45
"Monty Python and the Holy Grail in Lego", Tim Drage and Tony Mines, Spite your face, GB 2002, 1:24
"Psycho", Oliver Baentsch, Brickfiction, D 2003, 2:10
"Ninja Thief", Ben B., Egoless Productions, USA 2002, 1:52


Links:
http://www.brickfilms.com
http://www.adequate.com/lego/links/Creations/Animated_Movies/