(EMAF97)
EUROPEAN MEDIA ART FESTIVAL · 7.-11. MAI 1997 · OSNABRÜCK

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Zum 10. Mal wird Osnabrück wieder zum Treffpunkt der Medienkunst. Vom 7. - 11. Mai präsentiert das European Media Art Festival (EMAF) innovative Arbeiten der Bereiche Film/Video, Installation, Performance, CD-Rom und Internet.

Aus 29 Ländern erreichten uns 970 Einreichungen zu den einzelnen Sektionen des Festivals, aus denen eine Kommission die Festivalbeiträge auswählte. Im internationalen Programm sind neben Deutschland traditionell die USA und Großbritannien stark vertreten. Aber auch Produktionen aus Neuseeland, Japan, Rumänien, Brasilien und Spanien werden auf dem EMAF zu sehen sein, mit denen ein breites Spektrum kreativer Ideen und Projekte vorgestellt wird.

Film & Video

Im internationalen Film/Videoprogramm werden ca. 110 Beiträge (u.a. vonKen Kobland, Matthias Müller, Jürgen Reble, Michael Brynntrup, Abigail Child) präsentiert, die inhaltlich von narrativen Formen bis zu visuellen Experimenten reichen. Bemerkenswert ist die hohe Anzahl längerer Filme, wobei eine eingereichte Filmfassung in vielen Fällen keinen Rückschluss auf das Ausgangsmaterial und die Bearbeitungsweise zuläßt. Die Künstler nutzen und kombinieren die künstlerischen und ästhetischen Möglichkeiten von Film, Video und Computer in immer stärkerem Maße, so daß die bisherigen ästhetischen und formalen Definitionen für Film- und Videokunst neu diskutiert werden müssen.

Die AG der Filmjournalisten, vertreten durch Cornelia Fleer, Reinhard Kleber und Ingo Petzke, vergibt in Osnabrück den Preis der deutschen Filmkritik für die beste deutsche experimentelle Film- oder Videoproduktion des Jahres. In einer Retrospektive wird es ein Wiedersehen mit den Preisträgerfilmen der letzten zehn Jahre geben.

Auf zwei Filme aus dem internationalen Auswahlprogramm möchten wir besonders hinweisen:

GALLIVANT, der erste abendfüllende Film von Andrew Køtting, ist ein amüsanter und berührender Beitrag über Reisen, Kommunikation und Selbstdarstellung. Er beschreibt die mehrmonatige Reise Køttings mit seiner 85jährigen Großmutter und seiner 7jährigen Tochter, die sich nur durch Zeichensprache verständigen kann, entlang der britischen Küste. Großmutter und Urenkelin entwickeln einen Dialog mit Exzentrikern, 'verrückten' Typen und den 'normalen' Menschen, die ihnen begegnen, während der Regisseur einen ironischen, aber von einem "stillen Humanismus" geprägten Einblick in die Generationen seiner Familie gibt.

"People-Bedroom-No Script". Unter dieser elementaren Versuchsanordnung kommen in Beth Bs VISITING DESIRE zwölf sehr unterschiedliche Menschen zusammen (u.a. Lydia Lunch), von denen jeweils zwei für einen begrenzten Zeitraum ihre Wünsche und fantasien miteinander ausleben wollen. Statt krassem Voyeurismus erlebt der Zuschauer intime Portraits, die zugleich komisch, erotisch, emotional berührend und letztendlich im Wortsinne "enthüllend" sind.

Retrospektive

Dem 1984 verstorbenen Film- und Videoavantgardisten Stan VanDerBeek, ist eine umfassende Werkschau gewidmet. VanDerBeek, der in den 50er Jahren seine Karriere mit der Arbeit an abstrakten Filmen begann, arbeitete schon in den frühen 60ern mit Computer- und Videotechniken. In seiner multimedialen Arbeit beschäftigte er sich auch mit der Entwicklung neuer visueller Effekte, für die er spezielle Projektionssysteme entwarf. Die Retrospektive wird von dem renommierten amerikanischen Filmwissenschaftler William Moritz vorgestellt.

CD-Rom und Internet

Im Projektbereich des Festivals steht das Thema Web-Filme - Inszenierungen im Web - im Vordergrund. Hier wird u.a. die herausragende Arbeit My Boyfriend came back from War der Moskauer Künstlerin Olia Lialina gezeigt.

Viewing Distance ist ein Festivalprojekt, das bereits jetzt zur Teilnahme einlädt und aus Screenshots der Teilnehmer eine neue Geschichte aufbauen wird.

Unter dem Titel Games and Comics, High End Games werden von Machiko Kusahara (Tokyo) neueste Produktionen aus japan vorgestellt, in denen sich die immer weitergehende Verknüpfung von Computerspielen und Unterhaltungsindustrie widerspiegeln.

Ein besonderes Projekt des EMAF ist die 'Virtual Exibition', in der in einem 3-D Raum die Ausstellung und weitere Programme des Festivals abgebildet und abrufbar sind. Vorgestellt wird auch das neue Projekt Dialogue Spaces, das in Zusammenarbeit mit artimage, Graz, realisiert wird.

Work Shops

Workshops zu VRML, Real Audio und Real Video bieten Einblick in neueste Entwicklungen der Netz-Medien, die auch für die Film- und Videoproduktion zunehmend interessanter werden.

Electronic Café

Im Electronic Café des Festivals werden weitere künstlerische Netzprojekte und neue CD-Rom-Produktionen vorgestellt, u.a. die neuen CD-Roms von Peter Gabriel (GB), Simon Biggs (GB), Die Veteranen (D), Artintact III des ZKM, Collective Memory von Kristy Kang (USA) und On A Clear Day, eine Gemeinschaftsarbeit von jungen britischen und australischen Künstlern.

Vorträge

In einer Vortragsreihe mit dem Thema Netzkritik werden die Entwicklungen im Bereich der Netze und AV Medien aus unterschiedlichen Positionen kritisch reflektiert. Eingeladen sind u.a. der Netzkritiker Geert Lovink (NL), die Theoretiker Hartmut Winkler (D) und Herbert A. Meyer (D) sowie die Künstlerin Marina Grzinic (SLO).

Nicht-Orte - Handlungsfelder im urbanen und digitalen Ereignisraum ist der Titel einer Präsentation von Knowbotic Research, Köln.

Unter dem Titel Games and Comics, High End Games werden von Machiko Kusahara (Tokyo) neuste Produktionen aus Japan vorgestellt.

Specials

Hong Kong

Das "Hong Kong Special" wird Filme, Videos, Installationen und Internetprojekte aus der ostasiatischen Metropole präsentieren. In mehreren Vorträgen, die in Zusammenarbeit mit dem Hong Kong Arts Center und dem Arts Center der HK University of Science and Technology organisiert sind, wird die Kunst- und Kulturszene Hong Kongs vorgestellt. Geprägt durch das Spannungsverhältnis zwischen asiatischen und westlichen Einflüssen sowie dem politischen Druck, der durch die Übernahme Hong Kongs durch die VR China gegeben ist, entstand eine Kulturszene, die in Europa erstaunlicherweise kaum bekannt ist.

Video Brasil

Solange Farkas, die Leiterin des größten lateinamerikanischen Festivals für Videokunst und Multimedia, das Video Brasil in São Paulo, wird die Preisträger des letzten Festivals präsentieren. In ihrem Programm wird u.a. die neue Arbeit von Carlos Nader zu sehen sein.

Performance

Eine Begegnung zwischen realem und virtuellem Körper zeigt die Performance der Kanadierin Isabelle Choinière. Communion - Le Partage des Peaux II ist ein Multimedia-Ballett, in dem Tanzbewegungen durch Video- und Computerbilder verstärkt werden. Sensoren, über Arme, Beine und Körper verteilt, registrieren die Bewegungen und steuern Bilder der Tänzerin auf der sie umgebenden Leinwand. Indem der Körper der Tänzerin Bilder und Klänge auslöst, setzt sich die Künstlerin mit dem tatsächlichen und dem virtuellen Körper in einem elektronischen Lebensritual auseinander.

Student Forum

Zentral gelegen, bietet das Student Forum mit dem Café als Treffpunkt, der freien Übernachtungsmöglichkeit und einer großen Party eine besondere Atmosphäre für studentische Besucher des Festivals. Programmatisch präsentiert das Student Forum auf dem Festival ein breites Spektrum mit Arbeiten von Studierenden aus dem In- und Ausland.

Im "Bürgergehorsam", einem mittelalterlichen Turm, dessen ehemalige Funktion in seinem Namen dokumentiert ist, wird ein Teil der Video- und Computerkunst ausgestellt.

Re-cordis: erinnern, zurückgehen durchs Herz ist die Vorführung einer Gruppe junger Studentinnen der HBK Saar, die aus dem Performance- und Creativtraining Ulrike Rosenbachs hervorgegangen ist. Die Performerinnen kombinieren individuelle Beiträge mit den Elementen Körperarbeit, Video und Sound zu einem gemeinsamen Raum- und Improvisationskonzept.

Im Net-Room werden verschiedene Projekte vorgestellt, die sich u.a. mit dem Thema Computer und Sprache befassen.

In weiteren Programmen werden zusätzlich Film- und Videobeiträge von StudentInnen zu sehen sein, die die unterschiedlichen Arbeitsweisen an den internationalen Medienakademien dokumentieren.

Ausstellung

Vom 7. - 25. Mai werden in der Kunsthalle Dominikanerkirche Videoinstallationen und interaktive Objekte ausgestellt, in denen auf unterschiedliche Weise soziale, kulturelle oder wahrnehmungsgeschichtliche Aspekte einen künstlerischen Ausdruck finden.

Von Beth B (USA) wird die beeindruckende Installation Under Lock and Key zu erleben sein, die ein zentrales Thema ihrer künstlerischen Arbeit zum Inhalt hat: Die Gewalt an Opfern und Tätern. In vier schmalen, nur mit einer Glühbirne ausgestatteten Zellen, ist die monotone Stimme eines Inhaftierten zu hören, der über sein Leben im Gefängnis reflektiert. Hinter den Zellen wird der Besucher mit zwei Videoprojektionen von Personen konfrontiert, die sowohl Opfer- als auch Täterberichte wiedergeben.

Einen ganz anderen Erlebnisraum schafft der japanische Environment-Künstler Keiichi Tanaka. Er führt den Besucher mit seiner Laserinstallation LUMINOUS- COSMIC RAYS in eine imaginäre Welt aus Licht und Ton. Mittels Geigerzähler werden kosmische und von Substanzen und Objekten auf der Erde ausgehende Strahlungen gemessen, und in eine Symphonie aus Laserlicht und Soundeffekten transformiert.

Auch bei Clea T. Waite geht es, wenn nicht um Raum, so doch um Räumlichkeit. Vier lebensgroße stereoskopische Projektionen von Tänzern umgeben den Zuschauer. Die Darsteller bewegen sich in die 3D-Projektionsebene hinein und aus ihr hinaus, und scheinen sogar den Raum des Betrachters zu betreten , ja fast zu durchqueren. In der künstlerischen Inszenierung verwischen sich die Grenzen zwischen Realität und Wahrnehmung.

Retinal Memory Vol. von Luke Jarmann, Cardiff, benutzt den Bereich hinter dem Auge als "Leinwand". Seine Arbeit basiert auf dem Prinzip des Nachbildeffekts, der eintritt, sobald eine Lichtquelle bestimmter Intensität auf das Auge trifft und ihr Abbild auf der Retina einbrennt.

A Short Affair von Karen Murphy und A. P. Komen ist eine Videoinstallation, die über eine zwischenmenschliche Beziehung, die alleine auf dem Anrufbeantworter stattfindet, reflektiert. Diese Arbeit setzt sich kritisch aber auch humorvoll mit dem Dilemma des direkten Kommunikationsverlustes aufgrund technischer und selbstgesetzter Barrieren auseinander.

of Lotus A von Pamela Susan Hawkins ist eine Installation in Form eines "ready-made" im Geiste Duchamps, in der sich die Künstlerin experimentell, poetisch mit den unsere Existenz beeinflussenden Polen Natur und Technik beschäftigt. Als Metapher und Material benutzt sie dabei die Blüte der Lotusblume.

Neben den hier erwähnten Installationen sind Sera Furneaux' (GB) Kissing sowie Künstlergruppen aus Hong Kong (Kuratoren Danny Yung und Ellen Pau) vertreten.

Weitere Infos

European Media Art Festival
Postfach 1861
49008 Osnabrück
Tel.: 05 41 - 2 16 58
Fax: 05 41 - 2 83 27
E-mail: emaf@bionic.zerberus.de
Internet: http://www.emaf.de


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